Lebenskunst in der Psychologie

Was ist Lebenskunst?

Hier gibt es mehr Informationen zu Lebenskunst

Unter Lebenskunst versteht man in der Psychologie eine bestimmte Art der Lebensführung, die bewusstes Wahrnehmen des eigenen Lebens beinhaltet, sowie das Nachdenken und Reflektieren über das Wahrgenommene und darauf basierend eine aktive, gekonnte und gezielte Gestaltung des eigenen Lebens, um so mehr Zufriedenheit und Glück zu erreichen.

Was umfasst Lebenskunst?

Lebenskunst umfasst mehrere untergeordnete Konstrukte, die sich in fünf Hauptkategorien einteilen lassen: Die Sorge des Selbst, des Körpers, der Seele, des Geistes und der Umwelt.


1. Die Sorge des Selbst

  • Selbstbestimmte Lebensgestaltung beschreibt das Handeln im Sinne eigener Ziele, Überzeugungen und Bedürfnisse. Selbstbestimmung gilt als eines der menschlichen Grundbedürfnisse (Deci & Ryan, 2004). Wer sich selbst als autonom erlebt und frei von äußeren Einflüssen Entscheidungen trifft, handelt motivierter und eigenverantwortlicher.
  • Selbstkenntnis ergibt sich nach intensiver Auseinandersetzung mit der eigenen Person. Wer sich selbst gut kennt, kann je nach Situation auf geeignete Strategien zurückgreifen, um das eigene Wohlbefinden zu verbessern (Huang, 2008). Auch führt Selbstkenntnis dazu, die eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen und handhaben zu können (Park, Peterson, & Seligman, 2004).
  • Sinn im eigenen Leben sehen Menschen, die sich Ziele setzen und diese Ziele in Zusammenhang mit etwas Größerem sehen. Das Streben danach wird als wertvoll und erfüllend beurteilt. Sinn hängt zusammen mit Eudaimonia, dem sogenannten Werteglück (Waterman, 1990). Das Kennen der eigenen Werte sowie das Leben in Übereinstimmung mit diesen hängt mit Wohlbefinden zusammen (Ryff, 1989).


2. Die Sorge des Körpers

  • Körperliche Selbstfürsorge beschreibt das Achten auf den eigenen Körper, z.B. durch Sport und Ernährung. Eine Vielzahl empirischer Studien konnte einen Zusammenhang zwischen körperfokussierten Übungen und positiven Emotionen belegen (vgl. Lyubomirsky, 2009). Wer auf seine körperlichen Bedürfnisse achtet, fördert das ganzheitliche Wohlbefinden und kann kognitive Fertigkeiten sowie die eigene Wahrnehmung erhöhen. Außerdem gelingt so ein besserer Umgang mit Stress und das Empfinden von Glück wird erhöht (Hefferon, 2013).
  • Genuss zeigt sich, indem schöne Dinge im Leben bewusst aufgesucht und mit allen Sinnen empfunden werden. Es können Erlebnisse, die in der Vergangenheit, in der Gegenwart oder auch in der Zukunft liegen, ausgeschöpft werden. Wer genießen kann, zeigt eine höhere Lebenszufriedenheit, ein verbessertes Wohlbefinden und weniger Depressivität (Smith & Hollinger-Smith, 2014)


3. Die Sorge der Seele (Seele in Bezug auf Emotionen und Motivation)

  • Coping bezeichnet einen guten Umgang mit schwierigen Situationen und Anforderungen. Der Einsatz von Copingstrategien hängt positiv mit psychologischem Wohlbefinden zusammen und senkt zudem Anzeichnen einer Depressivität, von Ängsten und von Stress (vgl. Gustems-Carnicer & Calderón, 2012).


4. Die Sorge des Geistes

  • Positive Lebenseinstellung bedeutet eine dankbare und optimistische Grundhaltung dem Leben gegenüber. Optimistische Menschen sind gesünder und verfügen über ein widerstandsfähigeres Immunsystem (Carver & Scheier, 2005). Optimismus kann erlernt werden (Seligman, 2006), weshalb er für unser Konzept der Lebenskunst zentral ist.
  • Gelassenheit zeichnet sich dadurch aus, sich nicht leicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Wer gelassen ist, erlebt weniger Stress (Diener & Diener, 1995). Die eigene Einstellung, externe Faktoren sowie der Lebensstil beeinflussen die Gelassenheit.
  • Optimierung ist das Bestreben, eigene Ziele verfolgen, sich stetig zu verbessern und gute Ergebnisse zu erzielen. Nach Emmons (2003) haben Ziele eine strukturgebende Aufgabe im Leben der Menschen, da sie darauf hinweisen, was als wichtig erachtet wird. Die Zielverfolgung und -erreichung hängt gerade bei langfristigen Zielen, die die persönliche Kompetenz betreffen, mit Wohlbefinden, Vitalität und Selbstaktualisierung zusammen (Emmons, 2003).
  • Reflexion beschreibt die Fähigkeit über die eigene Person nachzudenken, das eigene Denken und Handeln zu verstehen, zu überprüfen, zu bewerten und gegebenenfalls zu verändern. Dies kann als Grundvoraussetzung für die persönliche, kognitive und emotionale Entwicklung verstanden werden (Christmann, 2003).


5. Umwelt

  • Soziale Kontakte umfassen den Anspruch, gute Beziehungen zu haben und diese auch zu pflegen. Zum einen beinhaltet die Komponente die aktive Gestaltung von Freundschaften und für den anderen da zu sein. Zum anderen kann sie auch zu einem Gefühl der Geborgenheit in Bezug auf andere Menschen führen. Soziale Unterstützung korreliert mit psychologischem Wohlbefinden (Turner, 1981).


Fragebogen zur Messung von Lebenskunst

Die AG Pädagogische Psychologie hat einen Fragebogen entwickelt, mit dem die persönlichen Lebenskunst-Werte festgestellt werden können. Details zu den Inhalten und der Entwicklung des Fragebogens sind in der unten angegebenen Literatur nachzulesen.
Dieser Fragebogen steht aber auch als Online-Version mit direkter Auswertung im Anschluss an die Befragung zur Verfügung. Falls es Sie also interessiert, wie viel LebenskünstlerIn in Ihnen steckt, klicken Sie hier. Je ehrlicher Sie antworten um so genauer kann Ihr persönliches Ergebnis berechnet werden. Viel Spaß!


Literatur

Zur Erforschung von Lebenskunst aus Psychologischer Sicht haben Prof. Schmitz et al. mittlerweile zwei Bücher veröffentlicht:

  • Schmitz, B. (2016). „Art-of-Living – A Concept to Enhance Happiness“.

In der Serie „Social Indicators Research“ des Springer Verlags erschien bereits 2016 unter Prof. B. Schmitz das englischsprachige Werk „Art-of-Living – A Concept to Enhance Happiness“. Das Buch setzt sich mit den Fragen auseinander, was ein gutes Leben ausmacht und wie man Glück sowie Wohlbefinden erreichen und steigern kann. Es werden wichtige Konstrukte der Psychologie vorgestellt, die mit einem guten Leben zusammenhängen. Ebenfalls werden empirische Studien und ein Fragebogen zur Erfassung von Lebenskunst präsentiert. Ausführlich werden Interventionen beschrieben, die mit SchülerInnen, Studierenden und Angestellten durchgeführt wurden. Auch die Ergebnisse von Interviews mit nominierten Lebenskünstlern werden zusammenfassend dargestellt. Abschließend werden Lebenskunstaspekte in Autobiographien beschrieben und Vorschläge für weiterführende Forschung gemacht.
Weitere Informationen und den Vertrieb des Buches finden Sie auf der Seite des Springer-Verlags.

  • Schmitz, Lang & Linten (2018) – „Psychologie der Lebenskunst“

Die erst kürzlich veröffentlichte deutsche Version des Lebenskunst-Buches ist etwas allgemeinwissenschaftlicher gehalten und auch für Laien verständlich. Zu Beginn werden verwandte Forschungsansätze und deren wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Psychologie betrachtet sowie das eigene Konzept hergeleitet. Es wird die Frage beantwortet, welche Komponenten eine besonders große Rolle im Leben spielen und wie sie eingesetzt und gefördert werden können, beispielsweise durch Online-Interventionen, Präsenz-Trainings oder Übungen für Zuhause. Des Weiteren wird Lebenskunst in der Kunst, im klinischen Kontext, in der Schule sowie am Arbeitsplatz betrachtet. Abschließend werden Übungen für jede Komponente der Lebenskunst praxisnah und alltagstauglich erläutert und ein Ausblick gegeben. Weitere Informationen und den Vertrieb des Buches finden Sie auf der Seite des Springer-Verlags.